Geschichtliche Perioden

Köthener Epoche (1617–1650)

Nach den Anfängen stieg die Mitgliederzahl der Fruchtbringenden Gesellschaft von 1622 bis 1629 rasch von 52 auf 200 Personen an. Die Enge des anhaltisch-ernestinischen dynastischen Verbandes überwand die Vereinigung schon bis 1623 durch die Aufnahme von Mitgliedern aus Kurbrandenburg, Hessen-Kassel, Schwarzburg, Braunschweig-Wolfenbüttel, Schlesien und aus den Stiftern Magdeburg und Halberstadt. Bis 1629 (200 Mitglieder) änderten sich ihre Sozialstruktur und ihre politischen und konfessionellen Affiliationen kaum, wenn auch neben Kriegspartnern der Union und Angehörigen der schleswig-holsteinischen, lippischen, waldeckischen, mecklenburgischen und holstein-schaumburgischen Höfe auch schon weiter Entfernte in die Gesellschaft eintraten, z. B. böhmische Exulanten. Aus individuellen Gründen wurden auch einzelne Katholiken und Parteigänger des Kaisers und der Liga zugelassen, wie der katholische Obrist Joachim Christian von der Wahl (FG 109. 1626), der breslauische Domdechant Nicolaus Troilo (FG 142. 1627), der im Jahr seiner Aufnahme konvertierende Reformierte und Graf (Fürst) Johann Ludwig von Nassau-Hadamar (FG 170. 1629) und der als reformierter Privatsekretär im Dienste Karl Hannibals zu Dohna, des katholischen Machthabers im kaiserlichen Schlesien, stehende Dichter Martin Opitz von Boberfeld (FG 200. Der Gekrönte. 1629).
Der Fleischersohn und abgebrochene Student Opitz, auf Fürsprache Dohnas 1628 vom Kaiser geadelt („Ich bin nämlich nach dem Willen des Kaisers ein Ritter ohne Pferd und ein Adliger ohne Bauern.“ [1]), verschaffte der bürgerlich-gelehrten Literatur Eingang in die FG, die bis dahin durch die höfische Dichtung der drei anhaltischen „Reimmeister” (Fürst Ludwig, Tobias Hübner und Diederich v. dem Werder [FG 31. Der Vielgekörnte. 1623]) dominiert wurde. Außer der deutschen Dichtung und Poetik und der Übersetzung von Werken verschiedener literarischer Gattungen und fachlicher Disziplinen steht auch die Ausbildung einer Kultur des Gesellschaftsbriefs ohne jeden Titelprunk im Mittelpunkt der fruchtbringerischen Arbeit. Briefe übten sprachliche und literarische Kritik, berichteten jedoch auch von Rollenspielen nach einem höfisch-bukolischen Roman (L’Astrée von Honoré d' Urfé), welche in einer utopischen Gesellschaft von Hirten und Schäfern beiderlei Geschlechts (Académie des Parfaits Amants) zwischen 1623 und 1628 Gelegenheit zu modischem Zeitvertreib boten. Auf Treffen der Fruchtbringenden Gesellschaft diskutierte man jedoch auch schon über Übersetzungs- und Fremdwortfragen. Hier waren keine radikalen Puristen am Werk, denn Eingebürgertes wie “Matery” zog man z. B. am 9. 1. 1624 den Wörtern “Urheb” und “Zeug” vor (DA Köthen I, Bd. 1, S. 237, s. Menüpunkt “Edition” > Erschienen).
Ein neuer Abschnitt in der Spracharbeit kündigte sich erst 1638 an, als der General Wilhelm von Kalcheim gen. Lohausen (FG 172. Der Feste. 1629), der schon 1629 mit einer deutschen Abhandlung über Dezimalzahlen, mit Kriegs Discoursen und einer Sallust-Übersetzung hervorgetreten war, 1638 eine Rechen Kunst und eine Übersetzung aus dem Italienischen Virgilio Malvezzis vorlegte (Der Verfolgte David). In diesem Buch erfand er neue deutsche politische und philosophische Begriffe wie den aus dem Niederländischen bezogenen Neologismus „Reden von Staat“ für Ragione di stato (Staatsräson). Fürst Ludwig wandte sich 1638 an den hallischen Gymnasialrektor Christian Gueintz (FG 361. Der Ordnende. 1641), einen ehemaligen Mitarbeiter der ratichianischen Köthener Reform, mit dem Auftrag, eine deutsche Grammatik aus einem unveröffentlichten Köthener Text von etwa 1620 zu entwickeln. Von Opitz' Freund, dem Wittenberger Professor Augustus Buchner (FG 362. Der Genossene. 1641), empfing Ludwig eine handschriftliche Poetik, die ihn zu seiner eigenen Kurtzen Anleitung Zur Deutschen Poesi (1640) anregte. Damit setzte die Periode eigentlich sprachwissenschaftlicher und poetologischer Diskussion ein, an der sich bald neben Ludwig, Gueintz und Buchner auch andere Gelehrte durch Bücher, Gutachten, Entwürfe und Briefe beteiligten, namentlich der vielseitige Nürnberger Patrizier und Literat Georg Philipp Harsdörffer (FG 368. Der Spielende. 1642), der Wolfenbütteler Prinzenpräzeptor, Dichter, Dramatiker und Sprachwissenschaftler Justus Georg Schottelius (FG 397. Der Suchende. 1642) und der aus Anhalt stammende Pastorensohn und ,Berufsliterat‘ Philipp (v.) Zesen (FG 521. Der Wohlsetzende. 1648).
Zesen und Harsdörffer gründeten ihre eigenen Akademien als ,Pflanzschulen‘ für künftige Mitglieder der Fuchtbringenden Gesellschaft (Deutschgesinnete Genossenschaft 1642/43 bzw. Pegnesischer Hirten- und Blumenorden [Pegnitzschäfer] 1644). Im deutschen Südwesten erstreckte sich der Einfluss der Fruchtbringenden Gesellschaft bald bis ins Elsass, wo der Satiriker Johann Michael Moscherosch (FG 435. Der Träumende. 1645) lebte und wo Straßburger Dichter wie Johann Matthias Schneuber (FG 498. Der Riechende. 1648) und Jesaias Rompler von Löwenhalt auch der schon seit 1633 existierenden, um die Sprache bemühten Aufrichtigen Tannengesellschaft angehörten. Der Wedeler Pastor, Lyriker, Dramatiker und Satiriker Johann Rist (FG 467. Der Rüstige. 1647), dessen Elbschwanenorden (1658) auch als ,Pflanzschule’ dienen sollte, gehörte nach Troilo und dem Berater Herzog Augusts d. J. von Braunschweig-Wolfenbüttel, dem württembergischen Generalsuperintendenten und Teilnehmer der ,Rosenkreuzer’-Bewegung, Johann Valentin Andreae (FG 464. Der Mürbe. 1646), zu den wegen irenischer Gesinnung ausnahmsweise zugelassenen Gottesgelehrten. Die Aufnahme von neuen Mitgliedern geringen Standes verführte 1647 einen der österreichischen Herren, den standesstolzen Obristen, Dichter und Übersetzer Rudolph von Dietrichstein (FG 481. Der Ätzende. 1647), zu dem Vorschlag, die Fruchtbringende Gesellschaft in einen adligen Orden mit Sinnbildern von Tieren und in eine bürgerlich-gelehrte Gesellschaft mit Pflanzen-Impresen aufzuspalten, was Fürst Ludwig ebenso empört ablehnte wie das damalige Ansinnen, einen Kandidaten wegen seiner gottseligen kalvinistischen Gesinnung zuzulassen.
Wie schon bei früheren Werken, z. B. Opitz’ Psalmen Davids (1637) und Annolied (1639), sah der Nährende Arbeiten der Mitglieder akribisch genau durch und forderte auch andere Mitglieder zur Kritik auf. Von 1639 bis 1643 überarbeitete Fürst Ludwig, unermüdlich von dem geistreichen Dichter und Tasso- und Ariost-Übersetzer Diederich von dem Werder und auch von Ludwigs schriftstellerndem Neffen Christian II. von Anhalt-Bernburg und von dem anhaltischen Gesamtrat und geistlichen Lyriker Martinus Milagius (FG 316. Der Mindernde. 1637) unterstützt, zahlreiche, zuvor schon publizierte Werke der Mitglieder und veröffentlichte sie zusammen mit neuen Schriften auf seiner Köthener Presse mittels Subskription und Spenden. Auch alte ratichianische Bücher erlebten Titelauflagen, jedoch waren auf dem zerstörerischen Tiefpunkt des Krieges die meisten anspruchsvollen fruchtbringerischen Arbeiten schwer verkäuflich, so dass beim Tode des Fürsten noch große Teile derselben im Köthener Schloss lagerten. Die Diskussion der sprachwissenschaftlichen und poetologischen Fragen hatte unter den genannten Gelehrten eine Debatte ausgelöst, die sich nach antikem Vorbild um den Vorrang von Consuetudo (Usus) oder Ratio (Natura) drehten, d. h. um eine normativ-rationale Entscheidung grammatischer oder orthographischer Fragen nach dem Maßstab der Gewohnheit (Fürst Ludwig, Gueintz) oder eine rationale Herleitung (Etymologia) aus der z. Tl. mystisch verwurzelten Natur der Sprache (Schottelius, Harsdörffer, Zesen). Man war sich allerdings darin einig, dass das Ziel der rhetorischen Puritas (Reinheit), dessen Erreichung grammatische Richtigkeit voraussetzte, nach einer stilistischen Herausbildung einer geschriebenen und gesprochenen nationalen Hochsprache verlangte. Diese Aufgabe haben die Fruchtbringer allerdings nicht ausreichend verwirklichen können, so dass Autoren der Aufklärung, Klassik und Romantik wie Gottsched, Adelung, den großen Weimarern und den Brüdern Grimm noch viel Arbeit übrigblieb. In dieser Kultivierung des Deutschen zielte die Fruchtbringende Gesellschaft auf die Überwindung der mundartlichen Buntheit und die ,Reinigung' des Gemeinen Teutsch der Druckersprachen, Kanzleien, Reichstage, der Handelssprache und der Bibelübersetzung Luthers. Deshalb kommt der deutschsprachigen Erläuterung der Lutherbibel Herzog Ernsts des Frommen von Sachsen-Gotha (FG 19. Der Bittersüße. 1619), der sog. Weimarer oder Gothaer Bibel (1640/ 41 u. ö.), nicht so große fruchtbringerische Bedeutung zu wie den biblischen Lehrdichtungen Fürst Ludwigs über Bücher des Alten Testaments, den von dessen Hofprediger Daniel Sachse verfassten Predigten in Form einer Bibelharmonie oder Postille (Einhelligkeit der Vier Evangelisten. 3 Tle. 1641–1644) und den unermüdlich revidierten Passions- und Kirchenharmonien (1640–1656) des Befreienden (Hz. August d. J.). Dieser wurde vor allem theologisch von Johann Valentin Andreae (FG 464. Der Mürbe. 1646) beraten, arbeitete sprachlich jedoch ohne Anleitung von Schottelius. In Wolfenbüttel entstand ein Weimar an Produktivität deutlich übertreffendes zweites Zentrum der Fruchtbringenden Gesellschaft, wo z. B. Carl Gustav von Hille (FG 302. Der Unverdrossene. 1636) das erste Buch über die Fruchtbringende Gesellschaft verfasste und illustrierte, Der Teutsche Palmbaum (1647) genannt. Von Herzog Augusts drei Söhnen, die in den folgenden Epochen in die Gesellschaft eintraten, zeichneten sich besonders die von Schottelius, auch von Andreae und Sigmund Betulius (v. Birken) (FG 681. Der Erwachsene. 1658) erzogenen Herzöge Anton Ulrich (FG 716. Der Siegprangende. 1659) und Ferdinand Albrecht (FG 842. Der Wunderliche. 1673) als Romancier, Dramatiker und Lyriker bzw. als Autobiograph und Erbauungsautor aus.

1 Martin Opitz: Briefwechsel und Lebenszeugnisse. Krit. Edition mit Übers. Hrsg. v. K. Conermann u. Mitarb. v. Harald Bollbuck. 3 Bde. Berlin u. a. 2009, Bd. 1, S. 608 (lat.) u. 611.

Weimarer Epoche (1651–1662/67)

Einen Höhepunkt der Aufmerksamkeit und Anerkennung erreichte die Fruchtbringende Gesellschaft in Nürnberg rund um das ,Friedensmahl‘ des Westfälischen Friedens (1650), welches der große Künstler und Kunsthistoriker Joachim von Sandrart (FG 863. Der Gemeinnützige. 1676) malte. Hier strömten viele der von Harsdörffer, Birken u. a. gefeierten, auch zur Fruchtbringenden Gesellschaft gehörenden Gesandten und Heerführer zusammen, namentlich der Fürst und kaiserliche General Octavio Piccolomini d’Aragona (FG 356. Der Zwingende. 1641) und der bald zum schwedischen König Karl X. Gustav gekrönte Pfalzgraf Carl Gustav von Kleeburg (FG 513. Der Erhabene. 1648). Nach 1650 wurde die Gesellschaft, obgleich sie in der Tradition der frühneuzeitlichen, besonders italienischen Akademien stand, zunehmend wie ein fürstlicher oder ritterlicher Orden als „Palmorden“ bezeichnet. Erst seit dem 19. Jahrhundert bürgerte sich die früher nie benutzte Bezeichnung „Sprachgesellschaft“1 für die Fruchtbringende Gesellschaft und die anderen Sprachakademien ein. Da der gut ein Jahr nach Fürst Ludwigs Tod (7. 1. 1650) am 8. 5. 1651 gewählte Nachfolger, Herzog Wilhelm IV. von Sachsen-Weimar, nicht in die Rolle des Nährenden als Spiritus Rector der Sprachdebatte und der kritischen Arbeit zu schlüpfen vermochte, bürokratisierte sich das Leben der Akademie, und die Mitgliedschaft eines Neuaufgenommenen wurde immer öfter wie durch ein fürstliches Patent beurkundet. Wilhelm überließ den Briefverkehr und den daraus entstehenden Einfluss zunehmend einem Erzschreinhalter (Sekretär und Archivar). Den ersten Weimarer ,Erzschreinhalter’ der Gesellschaft, den Obristleutnant und Kammerjunker Heinrich von Schwechhausen (FG 532. Der Eigentliche. 1651), ersetzte schon 1655 der Liederdichter, Musiker und Poetiker Georg Neumark (FG 605. Der Sprossende. 1653). Der führte dieses Amt offenbar recht eigenwillig nach seinen Interessen, wie die verzögerte Aufnahme des großen Dichters Sigmund von Birken alias Betulius belegt. Birken reaktivierte nach Harsdörffers Tod (1658) den von Harsdörffer, Klaj und ihm 1644 ins Leben gerufenen Poetenzirkel der Pegnitzschäfer und gestaltete ihn zu einer großen geistlich-bukolischen Gesellschaft um, welche auch Frauen offenstand. In der Weimarer Epoche ging die Inspiration nicht mehr vom Oberhaupt aus, und die Leistungen blieben allein Sache der Einzelnen. Die Gesellschaft, die bis 1662 von 527 auf 789 Mitglieder wuchs, zelebrierte zwar noch mit vielen Gedichten die Trauerfeier für Herzog Wilhelms jungverstorbenen Sohn Friedrich (FG 432. 1645; †1656) oder organisierte die Aufnahme größerer Personengruppen wie die im herzoglichen Auftrag durch den Poeten, Übersetzer, Hippologen und Romancier Herr Johann Wilhelm von Stubenberg (FG 500. Der Unglückliche. 1648) bzw. den kaiserlichen Hofkriegsrat und Übersetzer Graf Georg Adam von Kuefstein (FG 540. Der Kunstliebende. 1651) rezipierten Österreicher oder die des sächsischen Kurfürsten Johann Georg II. (FG 682 Der Preiswürdige. 1658) mit seiner Entourage, dennoch blieb die Fruchtbringende Gesellschaft attraktiv genug, um sehr bedeutende, oft von den ,Netzwerkern’ Harsdörffer und Stubenberg vermittelte Autoren anzuziehen, neben den genannten Neumark, Birken und Herzog Anton Ulrich u. a.: Adam Olearius (FG 543. 1651), schleswig-holsteinischer Mathematiker, Übersetzer und Reiseschriftsteller; Frh. Wolf Helmhard von Hohberg (FG 580. 1652), österreichischer Dichter und Autor von Hausväterliteratur; Veit Ludwig v. Seckendorff (FG 615. 1654), sächsischer Staatstheoretiker, Kirchenhistoriker und Lukan-Übersetzer; Graf Gottlieb von Windischgrätz (FG 669. 1656), Reichshofrat, Reichsvizekanzler, Konvertit, Förderer und Schüler Birkens, Poet; der große schlesische Dichter, Dramatiker, Redner und Syndikus Andreas Gryphius (FG 778. 1662) und dessen Verwandter, der Romancier und Apophthegmatiker Paul Winkler (FG 789. 1662).

1 Seit Otto Schulz: Die Sprachgesellschaften des siebzehnten Jahrhunderts. Berlin 1824. Vgl. K. F. Otto: Sprachgesellschaften (s. Menüpunkt “Einführung” > Quellen und Literatur).

Hallische Epoche (1667–1680)

Nach dem Tod des Ernestiners Wilhelm von Sachsen-Weimar fiel die u. a. durch die Absage anderer fürstlicher Kandidaten verzögerte Auswahl (s. o.) des Nachfolgers schließlich auf den in Halle a. d. S. residierenden albertinischen Herzog August von Sachsen-Weißenfels (FG 402. Der Wohlgeratene. 1643), der das Amt aus der Hand des sachsen-weimarischen Kanzlers Rudolf Wilhelm Krause (FG 735. Der Bescheidene. 1659) am 15. 7. 1667 annahm. Nach Augusts Tod fiel sein magdeburgisches Erzstift 1680 gemäß dem Westfälischen Friedensschluss an den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg (FG 401. Der Untadeliche. 1643), einen um das Deutsche im diplomatischen Verkehr und in der Verwaltung besorgten Fruchtbringer. Zwar wirkten in der Schlusszeit der Gesellschaft neben vielen Mitgliedern der Weimarer Epoche auch noch manche den Zielen der Fruchtbringenden Gesellschaft verpflichtete Mitglieder der Köthener Periode: Herzog Ernst der Fromme, Fürst Ludwigs alter Helfer Hans von Dieskau (FG 212. 1632), der Übersetzer und Friedensredner Paris von dem Werder (FG 339. 1639), Schottelius, der Übersetzer, Erfinder und anhaltische Geheime Rat Wilhelm Heinrich von Freyberg (FG 439. 1645), der weimarische irenisch gesinnte Geheimrat, juristische Autor und Historiker Zacharias Prüschenk von Lindenhofen (FG 418. 1644), der hallische Geheimrat, Dichter und Historiker Gebhard von Alvensleben (FG 479. 1647), der kurbrandenburgische Minister, Redner und Liederdichter Freiherr Otto von Schwerin (FG 493. 1648) und der immer noch mit der Sprache experimentierende Literat Zesen. Das dritte Oberhaupt vergnügte die höfische Gesellschaft u. a. mit Opern und fruchtbringerischen Aufnahmezeremonien, ließ ein Hoftagebuch führen und korrespondierte regelmäßig mit seinem kurfürstlichen Bruder Johann Georg II. über die hallischen und Dresdner ,Events'. Dennoch strebten neben hallischen Dienern wie dem Hofdichter, Librettisten, Übersetzer und lustlosen Erzschreinhalter David Elias Heidenreich (FG 837. Der Willige. 1672) — weiterhin und auch von weit her — bemerkenswerte oder sogar große Autoren in den „Palmorden”, die z. Tl. durch Birken eingeführt worden waren. Neben Sandrart und dem auch in die Royal Society aufgenommenen Herzog Ferdinand Albrecht von Braunschweig-Bevern standen: der Preuße Gottfried Zamehl (FG 805. Der Ronde. 1668) — Historiker, Ratsherr und Mittelpunkt eines elbingischen Dichterzirkels und Verfasser einer verlorenen Sprachabhandlung „Germania Celtica rediviva lingua literis, metro etc.“—; der nobilitierte preußische Dichter, Poetiker, Übersetzer und Gelehrte Martin von Kempe (FG 806. Der Erkohrne. 1668) — der als einziges Mitglied auch allen anderen 3 genannten Sprachakademien angehörte, ein deutsches Dichterlexikon schrieb und über die Royal Society berichtete —; der aus Breslau stammende Georg Wende (FG 818. 1670), Schulrektor und Autor von mehreren Hundert gedruckter Schulreden, -übungen, -programmen und -dramen (Oels, Breslau, Lauban u. Thorn), der auch seinen Görlitzer Kollegen und Freund Christian Funcke (FG 873. Der Funkende. 1677) in die FG brachte; Christian Franz Paullini (FG 819. 1672) — der umtriebige und weitgereiste thüringische Arzt, Dichter und Verfasser des ersten deutschen Lexikons über gelehrte Frauen und Autor von vielen, oft Kurioses und Triviales kompilierenden historischen und medizinischen Werken (Heilsame Dreck-Apotheke. 1696), Mitglied der Pegnitzschäfer und der Leopoldina, auch Planer verschiedener historischer Sozietäten —; der nürnbergische evangelische Pastor, Dichter und Erbauungsschriftsteller Johann Christoph Arnschwanger (FG 853. 1675); der augsburgische katholische Chorherr, Naturwissenschaftler (Mitglied der Leopoldina) und Erbauungsschriftsteller Hieronymus Ambrosius Langemantel (FG 854. Der Wenigste. 1675); der zuletzt in Baden-Durlach wirkende und um das deutsche Jus publicum bemühte Jurist und Rechtshistoriker Michael Praun (FG 849. Der Vorstellende. 1674); der zu erheblichem Reichtum gekommene, als Mäzen freigebige und den jungen Quirinus Kuhlmann fördernde Breslauer Ratsherr Georg Schöbel von Rosenfeld (FG 817. Der Himmlischgesinnte. 1669) oder der Grazer katholische Historiker und habsburgische Panegyriker Michael Frankenberger (FG 851. Der Erscheinende. 1675).

Nachwirkungen bis ins 18. Jahrhundert

In den Arbeiten Kempes, Paullinis und Prauns sowie in den Büchern des bedeutendsten Mitglieds der späten Fruchtbringenden Gesellschaft, des Erfurters Caspar (v.) Stieler (FG 813. Der Spate. 1668), wirken reichspatriotische Gesinnung, historisch-antiquarisches Interesse und sprachlicher, auch auf Recht und Verwaltung gerichteter Eifer der großen deutschen Akademie über ihr offizielles Ende (1680) hinaus bis ins 18. Jahrhundert. Stieler, in der Jugend Liebeslyriker (Die Geharnschte Venus. 1660) und Dramendichter (Rudolstädter Festspiele 1665–67/68), später Poetiker, schuf große Werke zur administrativen Sprache (besonders Teutsche Sekretariat-Kunst. 1673), schrieb über das Zeitungswesen und schenkte seiner Zeit endlich das von der Fruchtbringenden Gesellschaft erhoffte erste große Wörterbuch Der Teutschen Sprache Stammbaum und Fortwachs/ oder Teutscher Sprachschatz (1691). Paullini entwarf in den späten 1680er und in den 1690er Jahren zusammen mit Hiob Ludolf und in Anlehnung an Johann Ludwig Prasch u. a. Pläne zu einem auch von Windischgrätz und Gottfried Wilhelm Leibniz leider vergeblich beworbenen Reichskolleg zur Erforschung der deutschen Geschichte (und Sprache), Collegium imperiale historicum. Mit seinen Akademievorhaben auch an die Fruchtbringende Gesellschaft anknüpfend, plante Leibniz drei nach den Aufgaben differenzierte deutsche Wörterbücher, die in ihrer Sammlung der Fachwörter und des historischen Sprachschatzes auch über Stieler hinausgingen, aber dem einstigen Konsens der fruchtbringerischen Debatte über eine deutsche Lexikographie (v. a. 1647-1650) vollauf entsprachen. Organisatorischen Rückhalt fanden derlei Gesellschaftsentwürfe nunmehr aber nicht so sehr in den neuen, vorab philosophisch oder naturwissenschaftlich ausgerichteten wissenschaftlichen Akademien der Aufklärungsepoche, sondern in patriotischen und nützlich-gelehrten Zirkeln und Sozietäten, wie Johann Christoph Gottscheds an sprachlich-literarischen Fragen orientierten Deutschen Gesellschaften.