Die Fruchtbringende Gesellschaft (FG), die von 1617 bis 1680 offiziell bestand und am Ende 890 Mitglieder umfasste, war die früheste, größte und bedeutendste kulturelle Vereinigung des 17. Jahrhunderts in Deutschland – in einer Zeit, die von langen Kriegen, lähmendem Konfessionsstreit und tiefen sozialen, politischen und geistigen Umbrüchen gezeichnet war. Die Gesellschaft, am Vorabend des 30jährigen Krieges von reformierten anhaltischen und lutherischen weimarischen Fürsten und Hofleuten gegründet, bemühte sich rasch, Fürsten, Adelige, Räte, Militärs, Gelehrte und Dichter von unterschiedlicher Konfession und Parteizugehörigkeit und von ständisch, regional und national verschiedener Herkunft zu vereinen. Denn die Gesellschaft zielte von Anfang an darauf ab, so Wilhelm Heinrich von Freyberg (FG 439) 1663, dass sich in ihr “alle/ die sich Christen nennen (…) mit gleichem nutzen würden gebrauchen können” (W. H. v. F.: Horae succisivae, 1663, Bl. A iijv f.). Die anfängliche Position der FG im Milieu der antihabsburgischen protestantischen Aktionspartei widersprach keineswegs dem FG-spezifischen irenisch-pazifizierenden Impuls. So konzentrierte sich die FG im Rahmen einer allgemeinen Tugend- und Zivilitätsbeförderung und unter der Gesellschaftsdevise universaler Nützlichkeit („Alles zu Nutzen“) auf den qualitativen Ausbau und die Regulierung der deutschen Muttersprache in allen Sprachdomänen, insbesondere auf die Grammatisierung des Hochdeutschen und die Entwicklung einer den humanistischen Ansprüchen auf Gelehrsamkeit und Formvollendung genügenden volkssprachigen Literatur und Fachprosa. Dieses weitgespannte, ethisch und pädagogisch, literarisch und wissenschaftlich ambitionierte Vorhaben kontrastiert stark mit dem überkommenen Bild einer puristischen „Sprachgesellschaft“, das dem Anspruch und der praktischen Wirksamkeit der Akademie nicht gerecht wird. Sie vermittelte vielmehr das in ihr dominante Element politisch und sozial führender, kulturell- und wissenschaftlich aufgeschlossener fürstlich-adeliger „Laien“ mit dem der professionellen, meist bürgerlichen Gelehrsamkeit. Als einziger deutscher Sozietät des 17. Jahrhunderts gelang es ihr, eine nicht mehr höfisch, konfessionell, ständisch, staatlich oder regional begrenzte Führungsschicht für die Fundierung einer deutschen Nationalkultur zu gewinnen, und, wiederum als einzige deutsche Akademie vor Leibniz und der Frühaufklärung, nationale und internationale Ausstrahlung zu gewinnen. Die langjährigen Forschungsschwerpunkte Klaus Conermanns (ehem. University of Pittsburgh, Pennsylvania) und des 2006 verstorbenen Martin Bircher (ehem. Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel) verdichteten sich 1988 in der Installation des durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Forschungs- und Editionsprojekts: Die deutsche Akademie des 17. Jahrhunderts: Fruchtbringende Gesellschaft an der Herzog August Bibliothek. 2001 bis 2018 wurde das Projekt in Trägerschaft der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig durch das deutsche Akademienprogramm gefördert. Der Sitz der Projekt-Arbeitsstelle war weiterhin die Herzog August Bibliothek, die dem Vorhaben durch einen mehrfach ergänzten Kooperationsvertrag verbunden blieb. Im Zentrum des Projekts stand die Edition, die sich auf eine kritische Veröffentlichung der Korrespondenzen der Gesellschaft in deren bedeutendster Sozietäts-Phase, der Zeit unter dem Oberhaupt Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen (1579-1650) konzentrierte (1617-1650).